Von der Stifterfamilie der Grünburger zu den Urbaren der Herrschaft Leonstein



Amtsgut Hall
Quelle: Putzger - Lendl: Historischer Weltatlas, Wien 2006, S.32
Inhalt: grün: bayerischer Besitz um Hall; rote Punkte bezeichnen die Sitze der bayerischen Dienstleute (Grünburger, Leonsteiner, Rohrer, etc.); orange: Besitz der steierischen Otakare, ab 1196 österreichische Babenberger
Nach der Absetzung des bayerischen Herzogs Tassilo III durch den deutschen König Karl (den Großen) im Jahr 788 ging der altbayerische Besitz um Hall (Bad Hall) an König Karl. In der Folge der Ungarneinfälle sollte die bayerische Ostgrenze an der Steyr und Enns seit dem 10. Jahrhundert besonders gesichert werden. Seit dem 11. Jahrhundert wurden hier Besitzungen an königliche Dienstmannen (ministerialis regni) vergeben. Sie erhielten diese zum Eigentum. Damit war das Recht auf Burgenbau und Herrschaftsentwicklung verbunden.

Die Dienstmannen werden in den Urkunden einmal als "ministeriales regni" (königliche bzw. Reichsministerialen), an anderer Stelle als "ministeriales ducis bawariae" (Ministerialen des bayerischen Herzogs) bezeichnet. Diese unterschiedlichen Bezeichnungen hängen mit der hohen Politik des 11. und 12. Jahrhunderts zusammen.

Dazu ein kleiner Exkurs:

Im Jahr 1070 gab der deutsche König Heinrich IV. aus der Familie der Salier das Herzogtum Bayern an Welf IV. aus der Familie der Welfen. Damit kam auch das Gebiet um Hall als Amtsgut an die Welfen.1

Durch geschickte Heiratspolitik erlangten die Welfen große Macht im Reich. Bei der Königswahl des Jahres 1138 wurde aber nicht der Welfe Heinrich der Stolze, sondern der Staufer Konrad III. gewählt.

Daraus folgte ein langer Streit der beiden Familien. Heinrich der Stolze verweigerte dem neuen König die Huldigung, worauf König Konrad dem bayerischen Herzog Heinrich dem Stolzen die Herzogtümer Bayern und Sachsen entzog. Darüber hinaus wurde Herzog Heinrich geächtet.2 1139 ging Bayern an den babenbergischen Herzog Leopold IV. von Österreich. Nach dem Tod Heinrichs des Stolzen gelang es seinem Bruder und Nachfolger Welf VI., das Herzogtum Sachsen für Heinrich den Löwen, dem Sohn Heinrichs des Stolzen zurückzugewinnen. Schon 1120 war Judith, die Schwester Heinrich des Stolzen und Welfs VI., mit Friedrich von Staufen, Herzog von Schwaben, verheiratet worden. Aus dieser Ehe zwischen einem Staufer und einer Welfin entsprang der spätere Kaiser Friedrich Barbarossa. Er brachte die Versöhnung der beiden Familien zustande. Heinrich der Löwe erhielt 1156 das Herzogtum Bayern zurück.2 Im gleichen Jahr wurde Österreich eigenständiges Herzogtum.

Wegen eines Erbstreites kam es wieder zum Konflikt zwischen den beiden Familien. Güter der Welfen in Schwaben waren an die Staufer gegangen. Kaiser Friedrich Barbarossa verhängte über seinen Vetter Heinrich den Stolzen, Herzog von Bayern und Sachsen, die Reichsacht, wodurch dieser beide Herzogtümer verlor. Heinrich ging nach England ins Exil. Seine Gattin war übrigens die Schwester von Richard Löwenherz, König von England. Das Herzogtum Bayern ging an den treuen Gefolgsmann des Kaisers Otto I. von Wittelsbach.4

Aus dieser wechselvollen Geschichte Bayerns ergeben sich die unterschiedlichen Bezeichnungen der bayerischen Dienstmannen um Hall, je nachdem, ob Bayern sich gerade in der Hand des Königs oder der des bayerischen Herzogs befand.

Die Sicherung des bayerischen Besitzes um Hall, einer Enklave inmitten des Gebietes der Otakare von Steyr, oblag seit Beginn des 12. Jahrhunderts den Familien der Grünburger, Leonsteiner und Rohrer.

1 Alois Zauner, Oberösterreich zur Babenbergerzeit, Mitt. d. oö. Landesarchives 7 (1960), S. 223
2 Karl Bosl, Geschichte des Mittelalters, München 1973, S. 106
3 K. Bosl, Geschichte des Mittelalters, S. 124
4 https://de.wikipedia.org/wiki/Welfen



Die Grünburger



Burg Grünburg
Quelle: Privat
Inhalt: Auf dem Burgberg von Grünburg befindet sich heute die Pfarrkirche Grünburg
Im Jahr 1130 wird ein Poppo von Grünburg als Reichsministeriale "ministerialis regni" in einer Schenkung des bayerischen Herzogs Heinrich des Stolzen als Zeuge erwähnt. Grünburg gehört damit neben Leonstein und Rohr zu den ältesten ministerialischen Ringburgen im österreichisch - steirischen Raum.5

Poppo hatte einen gleichnamigen Sohn, der um 1182 - 1195 ein Gut an der Erla in Niederösterreich an das Kloster Garsten gibt. Er wird dabei als "ministerialis ducis Bawarie" bezeichnet.6 Von dessen Sohn Ulrich (I.) stammt die nächste Generation der Grünburger ab: Heinrich und Ulrich (II.). Beide werden seit den 80er Jahren des 12. Jahrhunderts erwähnt.

Vater oder Sohn Ulrich gelten nach einer Randnotitz an der Abschrift der Stiftungsurkunde von Kremsmünster, verfasst 1302 vom Schreiber des Stiftes Bernardus Noricus, als Stifter der St. Nikolai - Kirche am Sulzbach. In der Randnotitz ist das Jahr 1180 als Stiftungsdatum angegeben.7 Ulrich II. tritt noch bis ca. 1230 in Urkunden als Zeuge auf. Ulrich I. ist demnach als Stifter wahrscheinlicher.

Stifterbild
Ulrich von Grünburg übergibt 1180 dem Heiligen Nikolaus Kirche, Brunnenkapelle und Klause, 2018
Stifterbild, das bei der Jahrtagsfeier um den 20. September und beim Laternengang am 6. Dezember in der Kapelle zu sehen ist.
Bernardus Noricus legte 1302 im Auftrag seines Abtes Friedrich I. von Aich eine Urkundensammlung des Klosters Kremsmünster an, welche als Codex Fridericianus bezeichnet wird.8

Auf Ulrich II. von Grünburg folgten noch drei Generationen: Ruger (1240), Ruger (1270) und Ulrich III. (+1340). Nach dem Aussterben der Grünburger wurde ihr Besitz vom österreichischen Herzog Albrecht II. eingezogen und ging später an die Rohrer, die zu dieser Zeit auf der Burg Leonstein saßen.9

Die österreichischen Habsburger hatten inzwischen ihre Macht weit in altbayerisches Gebiet (Oberösterreich) hin ausgedehnt.

Der Besitz der Grünburger ging in der Herrschaft Leonstein auf. Deshalb ist es heute nicht mehr möglich, den ursprünglichen Besitz der Grünburger im Gebiet der St. Nikolai - Kirche von dem der Leonsteiner zu trennen. Die Grünburger mussten aber Besitz in der Gegend gehabt haben, ansonsten wäre ihnen die Stiftung einer Kirche dort nicht möglich gewesen. Bis 1848 gehörten etliche Häuser um die Kirche zur Herrschaft Leonstein (siehe Anhang).

5 Peter Feldbauer, Der Herrenstand in Oberösterreich, Wien 1972, S. 158
6 Alois Zauner, Königsherzogsgut in Oberösterreich, Mitt. d. OÖ. Landesarchivs 8 (1964), S. 126
7 B. Pösinger, Die Stiftungsurkunde des Klosters Kremsmünster, S. 66
8 Siehe Theodor Hagn, Urkundenbuch für die Geschichte des Benediktinerstiftes Kremsmünster, Wien 1852, S. 5
9 Feldbauer, Herrenstand, S. 159



Die Leonsteiner



Burg und Schloß Leonstein
Quelle: G. M. Vischer, Topographia Austriae superioris modernae, Wien 2009 (Reprint)
Inhalt: Burgruine und Schloss Leonstein (Feichta) 1667
1140 gab "Pertholdus de Lewenstaine ministerialis regni" sein Gut Sulzbach (Sulzmayr in Rohr) an das Kloster Ranshofen. Die Besitzungen der Leonsteiner erstreckten sich über Grünburg, Hall, Rohr und Achleiten bis Weissenberg.1 Der genannte Pertholdus war mit der Familie der Rohrer eng verwandt. Die Vertreter dieser Familie treten öfters als Zeugen neben den Rohrern auf.

Nachdem die Mark Österreich unter den Babenbergern im Jahr 1156 zum eigenständigen Herzogtum erhoben worden war, nahmen bayerische Dienstleute westlich der Enns immer häufiger Kontakt zu den aufstrebenden Babenbergern auf. Dies kam den Babenbergern sehr gelegen, wollten sie doch ihren Einfluss westlich der Enns ausdehnen.

1157 tritt Berthold von Leonstein, der Sohn des Pertholdus de Lewenstaine, aber doch im Gefolge des bayerischen Herzogs Heinrich des Löwen auf.11 Zu einer Auseinandersetzung mit seinem angestammten Herrn wollte es der Leonsteiner wohl doch nicht kommen lassen.

Burg und Herrschaft Leonstein ging bald an die Familie der Rohrer (siehe unten). Schon Otto II. von Rohr (1170 - 1215) soll das Gut Leonstein besessen haben.12 Über Leonstein ist die nächsten 150 Jahre nur wenig bekannt. Es befand sich im Besitz der Rohrer.

10 Feldbauer, Herrenstand, S. 94
11 Zauner, Königsherzogsgut, S. 115
12 Feldbauer, Herrenstand, S. 95



Die Rohrer



Burg Rohr
Quelle: Hans von Rohr, Qui transtullit, Hannover 1963, S. 87
Inhalt: Phantasievolle Skizze der Burg Rohr
Wie die Grünburger und die Leonsteiner waren auch die Rohrer königliche bzw. bayerische Dienstleute. Die Grundlage für Burgenbau und Herrschaftsentwicklung gegeben, da sie ihren Besitz als freies Eigen innehatten.

1138 gibt "regni ministerialis Fridericus de Rora" Weingärten an der Polsenz nördlich von Wels an das Bistum Würzburg.13 Bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts gibt es nur wenige Quellen über die Rohrer. Erst für die Zeit Otto IV. von Rohr liegen wieder Nachrichten vor.

Ortolf von Volkensdorf, ein Onkel Otto IV. von Rohr, hatte 1256 im Speisesaal des Stiftes St. Florian den Landschreiber Witiko ermordet.14 Damit stürzte er auch seinen Neffen Otto von Rohr ins Verderben. Die Burg Rohr wurde abgebrochen, Otto ging nach Kärnten.

Durch Rudolf von Habsburg erhielt Burg und Herrschaft Rohr einen neuen Herrn, Jans von Rohr. Die Bedeutung der Herrschaft Rohr zeigt sich in der großen Zahl von ritterlichen Lehensträgern, die von der Herrschaft Rohr abhängig waren (z.b. Achleiten). 1303 verlor Jans von Rohr seine Herrschaft Rohr, da er sich gegen die Habsburger als Landesherrn gestellt hatte. Um zu rüsten hatte er schon im Vorfeld viele Güter verkauft. 1304 wird bereits Heinrich von Rappach als (österreichisch) herzoglicher Burggraf von Rohr erwähnt. Die Herrschaft wurde von Hall aus verwaltet.15

Die Familie der Rohrer erwählte Leonstein als neues Herrschaftszentrum. 1320 treten Otto, Heinrich und Ludwig von Rohr als Besitzer der Herrschaft Leonstein auf.

1390 kam es zur Fehde mit Herzog Albrecht III. von Österreich. Die Rohrer zu Leonstein sollen einen Abgesandten des Erzbischofs von Salzburg gefangen gehalten haben, um Lösegeld zu erpressen. Herzog Albrecht III. ging es aber sicher mehr um die Festigung seiner Landeshoheit in Oberösterreich. Auch die Macht anderer freier Herren im Land wurde gebrochen. Bei der Belagerung von Leonstein und Grünburg wurden 1390 zum ersten Mal "Feuergeschütze" mit Erfolg eingesetzt. Beide Burgen und möglicherweise auch der Vorposten am sogenannten "Teufelsturm" in Waldneukirchen, alle demselben Herrn gehörig, wurden gebrochen.16

1397 erhielt Wilhelm von Rohr von Herzog Albrecht IV. von Österreich die Erlaubnis, die Feste Leonstein wiederaufzubauen. Auch die Herrschaft erhielt er zurück, allerdings als Lehen des Herzogs.17

1447 und 1459 erwarb Erhard von Zelking, Herr von Weinberg etc., die Herrschaft Leonstein von Wolfgang von Rohr. Der neue Besitzer, überdrüssig der Burg, errichtete aus dem am Fuße des Burgberges gelegenen Bauernhof Feichta das Schloss Leonstein. Aus der Zeit der Zelkinger stammen die ersten Urbare der Herrschaft Leonstein von 1512, 1529 und 1591 (siehe unten). Die Zelkinger waren wie viele ihrer Landleute Anhänger der Reformation Martin Luthers. Im Zuge der Gegenreformation wurde die Pfarre Leonstein wieder katholisch besetzt. 1629 musste Christoph von Zelking Schloss und Herrschaft an Georg Siegmund von Salburg verkaufen. 1919 verkaufte Graf Theodor von Salburg das Schloss Leonstein an die OÖ. Landesregierung.

13 Zauner, Königsherzogsgut, S. 117
14 Feldbauer, Herrenstand, S. 122
15 Feldbauer, Herrenstand, S. 123
16 Siehe: Wikipedia Steinbach an der Steyr
17 Feldbauer, Herrenstand, S. 96



Anhang



Urbar der Herrschaft Leonstein 1529 (Ergänzungen vom Urbar 1644)

Waldneukirchner Pfarr

Hanns Schmidt am Guettl am Stockbach (1644: Schneider)

Wolf auf Guet am Posenberg (1644 Pognberg)

Peter auf Guett am Haselberg (1644: Hasenberg)

Wolf auf Guett auf der Ehnhub (1644: Ernhueb)

Stephan Kraus auf Guet in Embsenhueb (1644: Kreuß)

Paul auf Laichbergerhof, item von dem Purgstall, item von der Hofstatt, item von einer Hofstatt ist oedt

Sigmund auf Guet am Kolbmaigner

Markus auf Guet am Purchershof

Wolf Kallersdorfer vom Schererguetl zu Kallersdorf

Conrad Adlwanger von der Mitternoedt

Merts Finkel zu Kettern

Leonhart auf der Sölden im Sulzbach (1644: Huefschmid)

Wolf Wibmer bei Sanct Nicolas

Thoman Prunhueber von selben Guetl

Andre auf der Gratschenoedt

Thoma Schallerhart zu Pengersdorf

Wolf aufn Guet zu Guetprun (1644: Hainzlpaurnguett zu Guettprun)

Leonhard auf Göldlguet zu Pösendorf

Friedrich auf Guet zu Steyrfurt (1629: Geyrhütter Güttl)

Görg am Guet am Windperg (1644: Windperger vom Forsterguett)

Hans Thehenwanger von Guet in der Oedt

Andre Grullhof (1644: Krillhof)

Max Köglberger von seinem Guett am Köglberg

Wolf Niederleuthner am Schachengütl

(1644: Veit Cronschachner vom Guett an der Prandstatt)



Güter der Herrschaft Leonstein nach dem Franziszeischen Kataster 1830 in der Gemeinde Waldneukirchen (samt Embsenhub)

Herrschaft Leonstein
Häuser der Herrschaft Leonstein bis 1848 in der Umgebung der St. Nikolai-Kirche
Singerschneiderhäusl = Mesnerhaus der Kirche ("Nikolaiklause")
Blaues Kreuz: Lage der St. Nikolai-Kirche
KG Embsenhub
Schmied in Sulzbach
Schmiedhäusl
Wimmer bei Sanct Nikolai
Wimmerhäusl
Kaltenhaus
Oberstocker
Bogmayr
Hasenberg
Embsenhuberhäusl
Groiß

KG Eggmair
Asl
Geyritterhäusl
Geyritter
Oberhofner
Forster in Windberg

KG Steinersdorf
Kolbmaigen
Baumgartnersölde (Höllerhäusl)

KG Pesendorf
Kratscheneder
Brandstetter
Gödl

KG Waldneukirchen
Niedereder
Ehrenhuberhäusl
Ehrenhuber
Bachhäusl
Laichberg
Kreutzhäusl

KG St. Nikola
Waldl
Köglberg
Harbachhäusl



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