Sanct Nicolay in Sulzbach



Geschichte der St. Nikolaus-Kirche von den Anfängen bis zur heutigen Nikolauskapelle.
Eine Sonderausstellung zur Geschichte der vor mehr als 200 Jahren abgetragenen Nikolauskirche fand im inzwischen geschlossenen Wallfahrermuseum in Adlwang statt.



Lage der St. Nikolai-Kirche



Lange Zeit galt der genaue Standort der St. Nikolai-Kirche als unbekannt. Der Hausname "Wimmer zu Nikola", das Mesnerhaus "Nikolaiklausen" und der noch vorhandene alte Brunnenschacht bewahrten die Erinnerung an die Kirche.



Topographia Austria superioris modernae



Kartenausschnitt Vischerkarte 1667
Kartenausschnitt Vischerkarte 1667

Die sogenannte "Vischer-Karte" aus dem Jahren 1667/1668 zeigt die Lage der Kirche zwischen dem Sulzbach und dem Stockachbach.




Josephinische Landesaufnahme Österreich ob der Enns



Kartenausschnitt Franziszeische Landesaufnahme 1775-1777
Kartenausschnitt Josephinische Landesaufnahme

Genauere Auskunft gibt die Josephinische Landesaufnahme von 1775-1777. Sie diente dazu, die geographischen Gegebenheiten ungefähr wiederzugeben. Dem heutigen Betrachter der Karte fällt auf, dass der Zeichner die vom Hallerwald zum Sulzbachtal führende Straße falsch dargestellt hat. Diese verlief auch damals östlich der Höfe Willneder, Wimmer und auch östlich der St. Nikolai-Kirche. Die Höfe sind als Dreikanthöfe erkennbar.

Die Kirche selbst, als "St. Nikolai Kirch" bezeichnet, ist nicht nach Osten ausgerichtet sondern nach Süden. Dies ist wohl ein Zugeständnis an die landschaftlichen Gegebenheiten vorort. Noch heute ist der Kirchplatz als nur leicht geneigter Nordhang zu sehen.

Die Josephinische Landesaufnahme ist nicht zu verwechseln mit dem Josephinischen Lagebuch (auch Josephinischer Kataster) von 1785-1788. Das Lagebuch mit der Beschreibung und Klassifizierung der erstmals vermessenen Parzellen diente als Grundlage für die Steuerbemessung.




Franziszeische Landesaufnahme



Die Franziszeische Landesaufnahme von 1809-1818 zeigt die Straßenführung richtiggestellt östlich der Höfe Willned und Wimmer.

Die St. Nikolai-Kirche war inzwischen (1792) abgetragen worden und erscheint deswegen nicht mehr auf der Karte. Das Mesnerhaus dagegen und die daneben befindliche Brünndlkapelle sind zu erkennen. Bei der Brünndlkapelle mündete der Wallfahrtsweg von Waldneukirchen ein.

Kartenausschnitt Franziszeische Landesaufnahme 1775-1777
Kartenausschnitt Franziszeische Landesaufnahme
Franziszeum
Der ehemalige Kirchplatz ist hier als Parzelle 440 ausgewiesen (zum Wimmergütl in Nikola gehörig).



Der keltische Kultplatz



Die keltischen Bewohner unseres Landes verehrten ihre Götter in der freien Natur, an Plätzen, die ihnen als "besondere Orte" erschienen. Da sie im Einklang mit der Natur lebten, "erkannten" sie diese und versammelten sich dort zu rituellen Handlungen.

Als Merkmale eines Kultplatzes empfanden sie besondere Geländeformen, eine Quelle, eigentümliche Steinformationen, eine von der Natur unbewachsen gebliebene Fläche im Wald, einen "Hain". Darüber hinaus "erspürten" unsere Vorfahren die besonderen Strahlungsverhältnisse an diesen "Kraftorten".

Nicht umsonst erbaute man in christlichen Zeiten Kirchen und Wallfahrtsstätten an solchen Kraftorten.

Was lässt uns darauf schließen, dass die Nikolauskirche an einem solchen Kraftort stand?
Welche Qualitäten zeichneten und zeichnen diesen Ort aus?



Die radiästhetische Untersuchung



Radiästhetische Karte
Radiästhetische Karte: Standplatz der Nikolauskirche (grün) nach Elfriede Koch samt den "besonderen Plätzen" (rot) an diesem Ort. (Grundlage: Katasterblatt Emsenhub)
Anlässlich der Einrichtung des Wallfahrermuseums Adlwang wurde Frau Elfriede Koch, anerkannte Radiästhesistin aus Linz, gebeten, die Wallfahrtkirche Adlwang auf sogenannte "gute Plätze" zu untersuchen, wobei sie auch fündig wurde (1). Daraufhin besuchte sie auch den Platz der St. Nikolai-Kirche und bestätigte die Vermutung, dass es sich auch dort um einen "Ort der Kraft" handelt. Anhand ihrer Beschreibungen konnte ein Plan der "Kraftströme" an diesem Ort angelegt werden. Zu mehreren Malen zugezogene Rutengänger bestätigten die Erkenntnisse von Frau Koch, ohne mit ihr Kontakt aufgenommen zu haben.

(1) Bachler, Käthe, Der gute Platz, Linz 1994, S.77 Es gibt nicht nur in allen Häusern gute Plätze, es gibt an manchen Orten "besonders" gute Plätze, oft an heiligen Quelen mit intensiver, aufbauender, kraftspendender "Strahlung". Diese Orte werden auch "Orte der Kraft" genannt.



Der Kultstein



Viele Menschen stehen der Radiästhesie, dem Pendeln und Rutengehen skeptisch gegenüber. Als sichtbares Zeichen für den alten Kultplatz am Ort der späteren St. Nikolai-Kirche gilt der Lochstein, allgemein "die Hand" genannt. Es handelt sich dabei um einen Stein, der eine 55 Zentimeter tiefe und 12 Zentimeter breite Öffnung aufweist. Diese Öffnung verjüngt sich und endet in fühlbaren Rillen, den "Fingern", deswegen "die Hand". Der Stein befindet sich an der Rückwand der Nikolai-Klause (später Möslinger-Häusl genannt). Vorweg soll gesagt werden, dass die Menschen hier Linderung ihrer "Handleiden", wie etwa der Gicht erbeten haben und das noch zu Zeiten nach dem 2.Weltkrieg. Der Stein war in der St. Nikolai-Kirche eingemauert und sollte nach deren Abriss in die Adlwanger Kirche übertragen werden, was die Anwohner aber zu verhindern wussten. Die Wirkung des Steines sei an diesen Ort gebunden, sagten sie. Karl Lukan schreibt 1989 in seinem Buch "Wanderungen in die Vorzeit" von diesem Lochstein der St. Nikolai-Kirche (2).

(2) Lukan, Karl, Wanderungen in die Vorzeit, Wien 1989, S.54



Ein kurzes Wort zur Bedeutung der Lochsteine



Die Hand
Die Hand
Sie hatten für die Kelten eine mehrfache Bedeutung. Einmal standen sie an jenen Plätzen, an denen Schwerverbrecher vom Ortsgericht dem höheren Gericht übergeben wurden, bildeten also die Grenze zwischen zwei Rechtsbezirken. Darüber hinaus galten sie als "Seelensteine".

Diese erlaubten den Seelen das "Ein- und Ausschwirren" von einer Welt in eine andere. Dabei ist an das Samheinfest zu denken, das heute als Halloween (All Hallows Evening = Allerheiligenabend) vielerorts begangen wird. An diesem Abend durften nach dem alten Glauben die Seelen der Verstorbenen noch einmal ihre irdische Behausung besuchen. Die Menschen legten damals Opfergaben in die Öffnungen der Lochsteine, um die Seelen zu "besänftigen".

Beim Lochstein von St. Nikolai handelt es sich aber nicht um einen "Seelenstein", da er nur eine Öffnung hat. Ohne die Phantasie bemühen zu müssen, denken die Menschen hier wohl seit Jahrtausenden an ein weibliches Fruchtbarkeitssymbol. Die Erbauer der späteren St. Nikolai-Kirche fügten diesen Stein in das Kirchegebäude ein. Der Heilige Nikolaus ist bekanntermaßen für vieles "zuständig", aber für die weibliche Fruchtbarkeit wird er wohl nur hier bemüht.

Gustav Gugitz schreibt über die Wallfahrten der Frauen nach St. Nikolai bei Waldneukirchen um Kindersegen (3). In einem anderen Werk berichtet er, dass noch nach Abbruch der Kultstätte Menschen von weit und breit kamen, um den kranken Arm in die Öffnung zu stecken. Auch kinderlose Ehepaare kamen zur Berührung (4). Zeitzeugen berichteten darüber noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Ganz verschwunden ist dieser Brauch bis heute nicht.

(3) Gugitz, Gustav, Die Wallfahrten nach Adlwang im Lichte der Mirakelbücher, Wien 1951, S.42
(4) Gugitz, Gustav, Die Wallfahrten Oberösterreichs, Linz 1954, S.56




Die Quelle



Brunnen
Brunnen
Zum Kultplatz der Alten gehörte auch ein Quellheiligtum. Der Schacht, er führt immer noch Wasser, ist noch zu sehen. Über demselben befand sich bis 1948 eine kleine Kapelle.

Der Brunnen versorgte lange Zeit das talwärts gelegene Lindenbauerngut, in dessen Besitz er sich heute befindet. Seit alters her, das heißt seit den Zeiten der St. Nikolai-Kirche, hat der Bewohner der Nikolai-Klause ein Schöpfrecht bei diesem Brunnen. Heute ist er ein historisches Relikt.

80% aller Wallfahrtsorte in Österreich haben auch einen "Heiligen Brunnen". (5). Meist werden den "Heiligen Brunnen" drei Heilwirkungen zugeschrieben, nämlich Hilfe bei Augenleiden, Hilfe bei Fußleiden und Hilfe bei weiblicher Unfruchtbarkeit. Gerade dieses dritte Anliegen lässt sich nun mit der Bedeutung des Lochsteines verbinden, also ein Kombination zweier Kultobjekte mit dem gleichen Ziel. Eine balneologische Untersuchung (6) des Brunnenwassers ergab keinerlei Besonderheiten, auch nicht den vermuteten Jodgehalt. Jodwasser steht in keinerlei Zusammenhang mit weiblicher Fruchtbarkeit. Galt St. Nikolai als Ziel von Pilgern mit Kinderwunsch wie auch Adlwang selbst, wie die im Museum Forum Hall aufbewahrten Votivgaben (7) für Adlwang nachweisen, lassen sich vorchristliche Kultplätze an beiden Orten annehmen.

(5) Lukan, Karl, Wanderungen in die Vorzeit, Wien 1989, S.21
(6) im Besitz von Mag. Ernest Ulbrich
(7) Kröten aus Wachs als Votivgaben für Kinderwunsch




Die Kugelsteine



Kugelsteine
Kugelsteine
Wohl zum kultischen Umfeld dürfen auch jene Kugelsteine gezählt werden, welche sich sowohl am Unterlauf des Stockachbaches wie auch im Sulzbach oberhalb der Mündung des Stockachbaches in denselben befinden.

Es handelt sich dabei um Sandsteinsphären natürlichen Ursprungs in unterschiedlicher Größe, mindestens jedoch mit einem Durchmesser von 80 Zentimeter. Einige sind vom Wasser freigespült. Die größten Exemplare, von ihnen ist nur die obere Kappe zu sehen, dürften bis zu 3 Meter Durchmesser aufweisen. Ein kleineres Exemplar befindet sich bei der St. Nikolai-Klause. Diese "Kugelsteine" sind nicht das Ergebnis eiszeitlicher Vorgänge. Über ihre Entstehung gibt es einige Theorien, die von Geogolen noch nachgewiesen werden müssen.

Eindrucksvoll sind diese Objekte allemal. Was werden die früheren Bewohner dieser Gegend von diesen Kugelsteinen gehalten haben? Sahen sie auch darin "Göttliches"? Benutzten sie dieselben als Kultobjekte? Über Vermutungen hinaus lässt sich darüber bislang noch nichts sagen.



Ein Ortsnamensplitter



Einige 100 Meter oberhalb des Kultplatzes von St. Nikolai steht der Bauernhof Willneder, ein altes Rechtlehen, dessen Name ebenfalls in die vorchristliche Zeit weist. Im Laufe der Jahrhunderte gab es bei diesem Namen verschiedene Schreibweisen:
  • 1477 Wiellenöd
  • 1524 Willeneder
  • 1644 Wieleneder
Die Sprachwissenschaft erkennt in de Will-, Willen- und Wiel-Namen das keltische Urwort Veles (=fili), irisch für Seher(-in), Priester(-in) bedeutet (8). Auch dies ist wiederum ein Hinweis auf die kultische Bedeutung dieses Ortes.

Es lässt sich mit dem Will-Namen noch einen Schritt weitergehen. Der weibliche Aspekt des Kultortes ist bereits erwähnt worden. Die Alten sprachen von weißgekleideten Damen, Quellnymphen, welche die Menschen auf die Quellen aufmerksam machten. Hier handelte es sich nach dem Glauben der Alten um Wilbeth, eine der "drei heiligen Madeln", Ambeth und Borbeth. Aus ihnen wurden später die christlichen Heiligen Magdalena, Katharina und Barbara.

Wilbeth war nun jene Göttin, die den Lauf des menschlichen Geschickes bestimmte, vom Werden aus der Erde bis zum Zurückkehren dorthin in einem ewigen Kreislauf (9). Ihr Attribut war das vier- oder zwölfspeichige Rad (= vier Jahreszeiten, 12 Monate). Das sichtbare Zeichen der Wilbeth war der Mond, der seine Gestalt immer wiederkehrend verändert und so auf das Leben auf Erden einwirkt. Längst haben wissenschaftliche Forschungsreihen die alte lange Zeit als Aberglauben abgetane Bauernweisheit vom Zusammenhang zwischen Mondphasen und Wachstum bestätigt (10).

Gerade in Nikolauskirchen, so in Südtirol und im Elsaß, finden sich Altäre zu Ehren der "drei heiligen Madeln" (11). An Orten, die nur einer Bethe, also einem "heiligen Madel" geweiht waren, übernahm dann in christlicher Zeit die Gottesmutter Maria deren Platz. So war der Hochaltar der Nikolauskirche nicht, wie man erwarten könnte, dem Heiligen Nikolaus geweiht, sondern der Gottesmutter Maria (12).

(8) Resch-Rauter, Inge: Unser keltisches Erbe, Wien 1994, S.482
(9) Resch-Rauter, Inge: Unser keltisches Erbe, Wien 1994, S.482
(10) Lukan, Karl: Wanderungen in die Vorzeit, Wien 1989, S.271
(11) Resch-Rauter, Inge: Unser keltisches Erbe, Wien 1994, S.260
(12) Weiheurkunde 1385, Diözesanarchiv Linz




Die Frühzeit der Nikolauskirche



Vischer Karte
Ausschnitt aus der Karte von Matthäus Vischer 1667
Die Anfänge eines Ortes, einer Stadt oder einer Kirche urkundlich zu belegen ist in vielen Fällen nicht möglich, weil Aufzeichnungen aus dem Mittelalter oft nicht bis zum heutigen Tag überlebt haben, seien sie nun Bränden oder auch der Geringschätzung zum Opfer gefallen. Umso erfreulicher ist es, dass die Anfänge der St. Nikolai-Kirche schriftlich nachweisbar sind und daraus wertvolle Schlüsse auf damalige Zeitumstände gezogen werden können. Die vorhandenen schriftlichen Quellen aus dem 14. Jahrhundert ermöglichen einen Blick in die Entstehungszeit der Kirche im ausgehenden 12. Jahrhundert.

Die Quellen:
  1. Codex Fridericianus 1302 (Stift Kremsmünster)
  2. Lehensbrief der Herren von Losenstein 1337 (Oö. Landesarchiv)
  3. Ablassurkunde 1385 (Diözesanarchiv Linz)
Der Kremsmünsterer Pater Bernardus Noricus verfasste zu Beginn des 14. Jahrhunderts im Auftrag seines Abtes Friedrich von Aich (1274-1325) ein Urbar (liber possessionum) und ein Kopialbuch (liber privilegiorum). Auf Blatt 50 des letzteren Werkes ist die Jahreszahl 1302 vermerkt. Auf Blatt 51 findet sich die Abschrift der Stiftungsurkunde des Klosters aus dem Jahr 777.

In dieser Urkunde findet sich zweimal der Ortsname Sulzipach.
  1. Salinam quae ad Sulzibach (=Salzsieder von Hall/Pfarrkirchen)
  2. in Sulzipach rem ad ipsam ecclesiam pertinentem
Diese zweite Erwähnung des Namens Sulzipach gab der Forschung lange Zeit Rätsel auf. Schon der Schreiber Bernardus Noricus setzte zu dieser Erwähnung eine erklärende Randnotiz hinzu:
"Quae nunc est filia in Waldneunkirchen (13), quam Ulricus de Gruenpurg construxit". (Übersetzung: Welche nun eine Filiale von Waldneukirchen ist, die Ulrich von Grünburg errichtet hat".)

Er identifizierte dieses Sulzipach also mit der ihm bekannten Nikolauskirche am Sulzbach (14), die damals einen Filiale von Waldneukirchen (15) war.

Bernardus Noricus setzte noch hinzu, was er von dieser Kirche wusste. Schon Pösinger hegte Zweifel an dieser Zuordnung. Die Forschung legte diese zweite Erwähnung von Sulzbach nach Niederbayern, wo das Kloster Kremsmünster bei Vilshofen, gemäß der Stiftungsurkunde (Nordfilusa) Besitzungen hatte. Neueste Erkenntnisse weisen in die Gegend von Amberg (Sulzbach-Rosenberg).


Hl. Nikolaus
Hl. Nikolaus
Das Patrozinium des Heiligen Nikolaus reichte in Europa aber keineswegs bis in die Zeit der Gründung des Klosters Kremsmünster zurück. Erst mit Theophanu, einer byzantinischen Prinzessin, welche die Gattin von Kaiser Otto II. wurde, traten im letzten Viertel des 10. Jahrhunderts erstmals Nikolaus-Patrozinien in Europa auf. Besondere Verbreitung fand die Verehrung des Heiligen Nikolaus aber erst seit der Übertragung der Gebeine des Heiligen von Myra (heute Demre in der Türkei) nach Bari in Süditalien im Jahre 1087 (16). Dabei handelte es sich um nichts anderes als Reliquienraub.

Worin besteht nun der Wert der Randnotiz zum zweiten Sulzbach der Stiftungsurkunde von Kremsmünster für die Anfänge der Nikolauskirche? Um aus seiner Sicht Klarheit zu schaffen, setzte Bernardus Noricus sein Wissen zu jenem zweiten Sulzbach als Randnotiz hinzu. Er hatte sich zwar geirrt, aber damit unwillkürlich Informationen aus seiner Zeit über die Nikolauskirche am Sulzbach überliefert.

Die St. Nikolauskirche bezeichnete Bernardus Noricus als Filiale von Waldneukirchen. Hier erweist sich eine Erwähnung aus dem Jahr 1337 als hilfreich. Es ist von einem "Zehent in Sulzbach in Neunchircher Pfarr pei Gruenpurg" die Rede, den die Brüder zu Losenstein an die Brüder von Röten übergeben (17).

In der Pfarre Waldneukirchen gab es nur einen einzigen Platz, der Sulzbach hieß, eben jener Streifen zwischen Hallerwald und Sulzbach, der 1784 an die neu errichtete Pfarre Adlwang abgetreten werden musste. Bis dahin gehörte dieser Landstrich zur Ortschaft St. Nikola (18). Noch heute erinnert der Hausname "Schmid in Sulzbach"(Seidledtstr. Nr.1) an die ursprüngliche Namensgebung dieses Ortes.

Im Linzer Schlossmuseum finden sich Landkarten, auf denen noch in den Jahren 1600 und 1640 der Name Sulzbach für diesen Ort angegeben ist. Aus dem Jahr 1650 findet sich dann eine Karte mit der Bezeichnung St. Niklas, wobei es dann geblieben ist (vgl. Karte von Matthäus Vischer 1667).


Kirche Grünburg
Kirche Grünburg
Als Stifter der St. Nikolai-Kirche nennt Bernardus Noricus einen Ulrich von Grünburg.

Die Herren von Grünburg (19) standen wie die Herren von Leonstein (20) und die von Rohr (21) im Dienste des bayerischen Herzogs, der durch sie seine Besitzungen um Hall verwalten und vor allem seinen Machtanspruch in diesem Grenzgebiet deutlich machen ließ (22). Zu diesem Zweck saßen die Grünburger auf dem Hügel über der Steyr, den heute die Pfarrkirche von Grünburg ziert.

In der Stammesreihe der Familie gibt es drei Träger des Namens Ulrich, von denen die ersten beiden in Frage kommen. Ulrich I. bestätigte um 1180 zusammen mit seinem Bruder Heinrich eine Seelgerätstiftung (23) der Gisela von Haselbach an das Kloster Garsten (24). Er hinterließ zwei Söhne, Ulrich II. und Heinrich II., wobei ersterer bis 1236 urkundlich fassbar ist. So ist, Bernardus Noricus folgend, die Entstehungszeit der St. Nikolai-Kirche in den Zeitraum von 1180 bis 1236 zu legen. Ulrich III., der letzte Grünburger, stand 1302 noch in jugendlichem Alter, sodass er, wenn auch nicht mit absoluter Sicherheit, nicht als Stifter der Nikolauskirche in Frage kommt. Verbleiben also Ulrich I. und Ulrich II.

Nach Aussterben der Herren von Grünburg fiel ihre Burg an den habsburgischen Landesfürsten zurück, gelangte offenbar an die Rohrer, die bereits Leonstein innehatten. Beide Burgen wurde 1390 von Herzog Albrecht III. belagert und eingenommen (25). Die Herrschaft wechselte oft den Besitzer bis zu jenem Grafen Salburg, der ein Tarockpartner Norbert Purschkas war, wie Anekdoten berichten.


Stammbaum Grünbach
Aus: Siebmachers großes und allgemeines Wappenbuch, 4. Band, 5. Abteilung: Oberösterreichischer Adel, Nachtrag S.734, Nürnberg 1885-1904

Die Grundbesitzverhältnisse rund um den Platz der St. Nikolai-Kirche weisen noch im 19. Jahrhundert in das Steyrtal, gehörten doch folgende Güter und Sölden zur Herrschaft Leonstein:
  • Schmid in Sulzbach
  • Güttle am Stockbach
  • Wimmer zu Nikola
  • Wimmerhäusl
  • Kaltenhaus (=Kaltenholz-Überländ)
  • Oberstockergüttl
  • Sölden unter der Edt
  • Pomayr
  • Hasenberg
  • Embsenhuberhäusl
  • Hochegg
  • Kroiß
Der Willneder lieferte nur den Zehent nach Leonstein.

(13) Historikermeinung ist, dass Bernardus Noricus selbst die Randnotizen anbrachte. Waldneukirchen wird aber erst seit 1380 mit diesem Namen erwähnt, vorher parrochia Neunchirchen (1325)
(14) Pösinger, Bernhard: Die Stiftungsurkunde von Kremsmünster. In: 59. Programm des Stiftsgymnasiums Kremsmünster 1909, S.66
(15) Guppenberger, Lambert: Programm des Coll. Petrinum 1898, S.27
(16) Manus, Peter: Die Heiligen, Mainz 1979, S.107f
(17) Oö. Urkundenbuch VI, Nr.235
(18) Josephinisches Lagebuch 1785
(19) Feldbauer, Peter: Der Herrenstand in Oberösterreich, Wien 1972, S.157f
(20) ders., S.94
(21) ders., S.121
(22) Ausführlich dazu: Zauner Alois, Königsherzogsgut in Oberösterreich. In: Mitteilungen d. OÖ. Landesarchivs 8/1964
(23) Seelgerätstiftung = Messstiftung zum Heil der eigenen Seele oder der von Verwandten
(24) J. Siebmachers großes und allgemeines Wappenbuch, Nürnberg 1885-1904, 4.Band, 5.Abteilung, S.734
(25) Feldbauer, Peter: Der Herrenstand in Oberösterreich, Wien 1972, S.159



Noch ein kurzer Nachtrag zur Landeswerdung in unserer Gegend

Diese lässt sich anhand der Grünburger "Ritter" leicht erklären. Sie kamen im 11. Jahrhundert als Dienstleute der Bayrischen Herzöge ins Land, nahmen aber im späten 12. Jahrhundert immer öfter Kontakt zu den aufstrebenden Babenbergernherzögen in Österreich auf. Diese hatten bereits ausgedehnte Besitzungen in unserer Gegend. Nach dem Aussterben der Babenberger erlangte König Ottokar II. von Böhmen die Herzogswürde in Österreich (1246-1273). Durch einen Handstreich König Ottokars von Böhmen, gelangte das Steyrtal zum Herzogtum Österreich. König (Herzog) Ottokar hatte dem Burggrafen Gundakar von Steyr die Erlaubnis zum Bau der Burg von Losenstein samt dazugehöriger Herrschaft gegeben, als Gegenleistung für die Öffnung der Stadttore von Steyr. Ottokar hielt sich dagegen schadlos, indem er altbayerischen Besitz um Hall annektierte. So kamen die Burgen von Grünburg und Leonstein in seinen Machtbereich und später in den der Habsburger. Damit wurde unsere Gegend "österreichisch"!



Weihe- und Ablassurkunden



Das nächste Dokument bezüglich der St. Nikolai-Kirche ist ein Ablassbrief aus dem Jahr 1385 (26). Die Überschrift spricht zwar von einer erstmaligen Kirchweihe bei St. Nikolai. Im Inhalt ist allerdings nicht von der Weihe der Kirche die Rede!

Vielmehr geht es um die Gewährung eines Ablasses durch Bischof Simon von Passau. Er gewährt allen, welche "ad ecclesiam filialem Sancti Nicolai in Sulzbach Sancti Petri in Waldneunchirchen parrochialis ecclesiae annexam Pataviensis Diocesis", also "welche die Filialkirche Sankt Nikolai in Sulzbach, zur St. Peterspfarre Waldneukirchen in der Diözese Passau" gehörig, besuchen, an folgenden Tagen einen Ablass:
  • an den Marienfesten
  • den Apostelfesten
  • an den Festen der vier Kirchenlehrer Ambrosius, Augustinus, Hieronymus und Gregor
  • und auch am Tag des Kirchenpatrons
nicht nur an diesen Festtagen, sondern auch innerhalb der Oktav der erwähnten Feste (= folgende 8 Tage).
Nicht nur den frommen Besuchern soll ein Ablass zuteil werden, sondern auch "ipsi ecclesia manus prorrexerint adjutrices", also den der Kirche "hilfreichen Händen" (Spenden oder Arbeitsleistungen).
Der Ablass umfasste den Nachlass von 40 Tagen Fegefeuer bei schweren Sünden und 40 Tagen bei "lässlichen" Sünden. Geschrieben in Kremsmünster 1385.

Es geht hier also nicht um eine Kirchweihe, vielmehr um einen Kirchenbauablass. Ist die Kirche erweitert worden? Der Besuch der Kirche samt Beichte und Spende sollte die Fertigstellung oder Erweiterung des Gebäudes erleichtern helfen, eine damals durchaus gängige Praxis. Dass damit das eigene Seelenheil zu verdienen war, wird Martin Luther 140 Jahre später anprangern.

Wenn es sich hier nicht um eine Urkunde über die Erstweihe der Kirche handelt, darf davon ausgegangen werden, dass die Nikolauskirche erweitert, umgebaut, vielleicht von einem ursprünglichen Holzbau in einen Steinbau verwandelt worden ist. Es war und ist auch Praxis, dass eine erweiterte, auch renovierte Kirche wieder neu geweiht wurde, deswegen der Hinweis auf eine Weihe in der Überschrift.

Um eine echte Weiheurkunde geht es im Folgenden: Am Ostermontag des Jahres 1457, damals der 14. April, ist die St. Nikolai-Kirche neu geweiht worden. Schon vorher, am Samstag vor Mariä Verkündigung, damals der 20. März, erfolgte die Einweihung des Hochaltares zu Ehren der Glorreichen Jungfrau Maria und des Heiligen Johannes des Täufers. Am Samstag vor Mariä Himmelfahrt, damals der 14. August, weihte man den an der Nordseite der Kirche (ad aquilonem) befindlichen Altar der Heiligen Michael, Martin und Oswald. Zuletzt wird der Ablass von 1385 bestätigt und auf die Festtage der neuen(?) Altarheiligen ausgedehnt. Ausgefertigt wurde die Urkunde des Passauer Bischofs Sigismund am Sonntag nach Simon und Judas, damals der 30. Oktober 1457.

Eine Fülle von Informationen: Die Kirche erhielt damals zwei neue Altäre, sicher im damaligen gotischen Stil, mögen es auch "nur" Tafelbilder gewesen sein. Die Angaben über den jeweiligen Standort der Altäre lassen Rückschlüsse auf die Ausrichtung der Kirche zu: Jede Kirche des Mittelalters ist geostet, also liegt die Apsis, der Altarraum, in Richtung Osten. Demnach stand der Hochaltar im Osten, der Michaelsaltar an der Nordwand und der Altar des Heiligen Nikolaus demselben gegenüber. Er wird nicht erwähnt, wohl weil er nicht verändert worden ist. In unmittelbarer Nähe des Nikolausaltares wird sich auch der alte Lochstein befunden haben. Der absolute "Kraftort" lag an der Westseite der Kirche, etwa in der Mitte der Westwand, laut radiästhetischer Untersuchung.

Dies alles ist aber nur eine vorsichtige Deutung der möglichen Situation. Die Geländeform an diesem Ort würde auch einen Nord-Süd-Ausrichtung der Kirche denkbar erscheinen lassen. Über die Ausmaße des Kirchengebäudes lässt sich nur mutmaßen. Einzig die Parzellengröße im Franziszeischen Kataster von 1825 ermöglicht eine Annäherung.

(26) OÖ. Urkundenbuch X, Nr.468



Die Reformationszeit



Noch im selben Jahr als der Augustinereremit Dr. Martin Luther seine herbe Kritik an der Kirche übte, drangen seine Ideen auch nach Österreich vor. Besonders Steyr mit seinen Handelskontakten nach Mittel- und Norddeutschland entwickelte sich zur Hochburg der Reformation. An den meisten Adelssitzen der Gegend waren protestantische Prediger tätig, wie etwa in Leonstein und Mühlgrub.

Welche Kritikpunkte an der Kirche waren für das einfache Volk in unserer Gegend verständlich? Da gab es endlose Streitigkeiten um die Besetzung der Pfarren zwischen dem Patronatsherren (=Bischof, Adel) und dem Vogt (=Landesfürst, Bischof). Der Patron schlug einen Kandidaten vor und nur wenn dieser dem Vogt genehm war, erteilte er ihm die lebensnotwendige Pfründe. Gegenseitige Übergriffe waren an der Tagesordnung. Jede Rechtshandlung war mit hohen Kosten verbunden. Darüber hinaus war die Ausbildung der Priester mangelhaft, gingen sie ja nur bei einem erfahrenen Pfarrer "in die Lehre". So gab es eine Vielzahl von "Gesellpriestern", die vom Vermögen der Kirche lebten.

Die Betreuung der Filialkirchen ließ sehr zu wünschen übrig. Die damals ständig drohende Türkengefahr führte zu Steuererhöhungen, welche die Grundherren an ihre Untertanen weitergaben. Der Unmut der Bauern stieg rapide an. Gepaart mit der weithin falsch verstandenen Forderung Luthers nach der "Freiheit eines Christenmenschen", brachten ganze Landstriche zeitweise in den Zustand eines Bürgerkrieges. Ganz abgesehen von den Bauernkriegen gab es bei uns auch schreckliche Einzelgeschehnisse. So wurde der Pfarrer von Pfarrkirchen von den protestantischen Bürgern mit dem Tode bedroht, der Sierninger Pfarrer wurde ermordet. In Waldneukirchen gab es an der Wende zum 17. Jahrhundert jahrelang einen evangelischen Pastor.

Nach 1624 setzte sich auf strengen staatlichen Druck hin der Katholizismus wieder durch. Gerade etwas abgelegene Kirchen oder geschützte Plätze in den Wäldern galten aber weiterhin als geheime Treffpunkte der Protestanten. Möglicherweise war auch die Nikolauskirche ein solcher Treffpunkt. In ebendiese Richtung weist ein Platz ganz in der Nähe der Kirche, der heute noch "der Predigtstuhl" genannt wird.



Die Nikolauskirche in den Kirchenrechnungen von Waldneukirchen 1625-1788 (27)



Die Auflistung und Beschreibung von Anschaffungen und Reparaturen bei der St. Nikolai-Kirche ermöglicht es, das Aussehen der Kirche im Inneren wie im Äußeren annähernd zu rekonstruieren. Darüber hinaus lassen sich Rückschlüsse auf das religiöse Leben an der Kirche ziehen, sofern dasselbe mit Finanzen zu tun hatte. Oft sind es kleine Randbemerkungen, die einen Einblick in das Leben der damaligen Zeit ermöglichen.

Die Kirche wird in ihren ältesten Teilen wohl romanischen Ursprungs gewesen sein. Im 14. Jahrhundert, vergleiche Ablassurkunde 1385, ist aber sicher schon gotisch gebaut worden.

(27) Da die Quelle für die folgenden Ausführungen ausschließlich die Kirchenrechnungsbücher von Waldneukirchen sind, die Angaben deswegen leicht nach den angegebenen Jahren zu überprüfen sind, wird hinfort auf Fußnoten verzichtet.



Das Dach



Das Gebäude war mit Schindeln gedeckt. Dachziegel werden erst 1681 erwähnt.
1632 benötigte man 9500 Schindeln und 11.000 Schindelnägel. Das Dach war sicher immer ein Problem. Fast jedes Jahr mussten Schindeln ausgetauscht werden, besonders nach Sturmschäden. Die Schindeln des Jahres 1632 lieferte der Zeitlhuber (Bauer in St. Nikola). Die Schindelnägel kamen aus Losenstein. Zwei Wochen arbeitet der Zimmermann Georg Gossenbauer mit drei Zimmerknechten und einem Tagwerker.
Nach 30 Jahren, 1661 mussten 2 Zimmerleute wiederum 9 ½ Tage lang 3500 Schindeln aufdecken.
Neun Jahre später war es wiederum soweit. 1679 kaufte der Pfarrer beim Wieser (Bauer in St. Nikola) 8000 Schindeln für St. Nikolai.

1681, anlässlich der großen Renovierung unter Pfarrer Urban Kyer, wurde die ganze Kirche neu eingedeckt, "höchstbedürftig", wie es in der Kirchenrechnung dieses Jahres heißt. Das hielt jetzt fast 20 Jahre bis 1698.
1707 ist wieder vom Dach die Rede, größere Reparaturen gab es dann 1712 mit 2500 Schindeln, 1714 dann 2000 Stück und ebenso 1763.
1775 lieferten der Schraiberger und der Strasser (heute Obstrasser), beides Bauern in St. Nikola, zusammen 6000 Schindeln zur St. Nikolai-Kirche. Vier Jahre später schlug der Blitz ein und wiederum wurden 3000 Schindeln benötigt.

20-30 Jahre hielt also ein Schindeldach durchschnittlich. Die Nägel bezog man damals entweder von einem Ennstaler Nagelschmied oder, bei kleineren Aufträgen, vom nahegelegenen Schmid im Sulzbach.



Der Turm



Es ist nicht zu kären, an welcher Stelle des Firstes der Turm als "Dachreiter" saß. Die Kirche hatte sicher von Anfang an einen Turm. Er könnte bei einer Erweiterung des Gebäudes in die Mitte des Firstes "gewandert" sein. Er war natürlich aus Holz gebaut und mit Schindeln verkleidet. Auf der Turmspitze gab es einen "Knopf" aus Kupfer und darüber das Kreuz.

Bei der Generalsanierung 1681 ließ Pfarrer Kyer einen neuen Turm errichten und alles "zu längerem Maße roth anstreichen".

1779 schlug nun der Blitz in den Turm ein, sodass innerhalb von 4 Wochen ein neuer aufgestellt wurde. 9 Stamm Holz lieferte der Pomayr, 3000 Schindeln erwiesen sich als notwendig. Der Zimmermann arbeitete mit drei Gesellen. Ein Zechpropst von Waldneukirchen hat den "Zuraicher" gearbeitet. Zuletzt erhielt der Turm wieder sein "Röth". 24 Laden lieferte der Hörmüllner (Mühle in St. Nikola) zur Baustelle. Auch der Kupferschmied hatte Arbeit mit dem Turmknopf.



Die Glocken



Waldneukirchner Sterbeglocke
Waldneukirchner Sterbeglocke
Im Turm hingen zwei Glocken. Sie müssen sehr alt gewesen sein, da nie von einer Neuanschaffung die Rede ist. Hier darf an die uralte Glocke von St. Blasien, die aus dem 14. Jahrhundert stammt und auch an die Sterbeglocke von Waldneukirchen erinnert werden, deren Herkunft bis heute ungeklärt ist.

1640 schaffte die Pfarre zwei Glockenseile für St. Nikolai um 3 Gulden und 4 Schilling an, 1652 einen neuen "Glockenschwingelriemen", 1658 8 Klafter Glockenseil (=15,168 m, Wiener Klafter) und einen Ring zur Befestigung desselben.
Lässt sich von diesem Maß die Höhe des Turmes ableiten? Es wären 16 Meter.

1674 ist von zwei "Körmb Welefe (?) zu St. Nicolay beyen Glocken" die Rede, also dezidiert von zwei Glocken. 1679 bedurfte es wieder zweier neuer Glockenseile und 1712 dann zwei "Neder Mitterleder" (Glockenleder).

Wo sich diese beiden uralten Glocken heute befinden, ist nicht geklärt. Möglicherweise ist eine davon wirklich die Waldneukirchner Sterbeglocke (siehe Bild).



Die Sakristei



Diese befand sich sicher an der windzugeneigten Seite der Kirche, also an der West/Südwest-Seite, in Richtung Mesnerhaus (St. Nikolai-Klause). An der Ostseite führte der Fahrweg an der Kirche vorbei.

Sie war offensichtlich wie damals üblich außen angebaut (vgl. St. Blasien) und hatte ein sogenanntes "Überzimmer", das in Holz gearbeitet war.

Hiermit gab es oft Probleme. 1625 hatte der Sturm dieses Überzimmer "herabgeworfen". Georg Läffhuber und noch ein anderer Zimmermann setzten ein neues Überzimmer auf. Ihre Arbeit überdauerte lediglich acht Jahre. Wiederum musste dann "das ober Zimmer bei St. Nicolai auf der Sakristei" neu errichtet werden. Zielführend war aber dann erst eine durchgreifende Erneuerung im Jahr 1635. Sechs Wochen arbeiteten drei Maurer mit ihrem Meister, zwei Tagwerker und zwei Zimmerleute daran. Nach sieben Jahren ist eine weitere aber kleinere Reparatur durchgeführt worden.

1668 erhielt die Sakristei ein neues Dach. 1670 hatte der Mesner von St. Nikolai an dem Überzimmer gearbeitet. Später scheint dann alles in Ordnung gewesen zu sein. Auch 1681 gibt es keine Erwähnung.



Friedhof?



An der Außenseite der Kirche befand sich offenbar ein größeres Kreuz. 1670 bekommt der Schmid einen Reichtaler und zwei Schilling für Nägel und Klampfen zur "Deckung des Kreuzes". Drei Maurer waren hierbei auch beschäftigt.

Ging es um den Friedhof, von dem so wenig überliefert ist? Dass es ihn gegeben haben muss, beweisen die beim Abbruch der Kirche gefundenen Gebeine in unmittelbarer Nähe der Kirche. Pillwein schreibt davon 1828 (28).

Bei der Erwähnung eines "Totenkammerls" im Jahr 1643 lässt sich leider nicht sagen, ob sich dasselbe am Pfarrfriedhof in Waldneukirchen oder bei der St. Nikolai-Kirche befunden hat. Die Tatsache, dass beim Abbruch der Kirche Gebeine gefunden worden waren, lässt aber doch an die Existenz einer Grablege denken.

An sich ist das Begräbnisrecht an die Pfarrkirche gebunden, doch bei der großen Entfernung nach Waldneukirchen wäre es schon verständlich, wenn auch bei der St. Nikolai-Kirche ein kleiner Gottesacker bestanden hätte, zumindest der Kirchenmauer entlang. Im Josephinischen Lagebuch von 1785 ist allerdings kein Friedhof erwähnt, bleiben also nur die aufgefundenen Gebeine als Hinweis.

(28) Pillwein, Benedikt: Geschichte und Geographie und Statistik des Erzherzogtum Österreich ob der Enns und des Herzogtums Salzburg, Linz 1828m II. Band, S.350



Der Brunnen



Bründlkapelle, Aufnahme 1942
Bründlkapelle, Aufnahme 1942
Vom heute bestehenden Brunnen ist in den Kirchenrechnungen nur einmal die Rede, nämlich 1706, als er durch zwei Zimmerleute und einen Tagwerker an zwei Tagen repariert worden ist.

Damals bestand wohl längst die Brünndlkapelle, die es noch bis 1948 gab. In diesem Jahr entschieden die Besitzer, das baufällige Gebäude abzutragen. Die darin aufgestellte Nikolaus-Statue war nach der Überlieferung etwa 120 cm hoch, bemalt und aus Steinguss gefertigt, ähnlich der Pieta von Adlwang. Der Verbleib der Statue ist nach deren Verkauf nicht mehr bekannt. Das Alter des Brunnens und seiner Kapelle lässt sich mangels Aufzeichnungen nicht sagen.

An dieser Stelle sei auf das Buch: "Kulturgüter und Gedenkstätten in Adlwang" von Reinhard Niederkrottenthaller (2011) verwiesen. Der Verfasser hat sich in akribischer Arbeit unter anderem mit der Geschichte und Bedeutung des Lochsteines, der Brunnenkapelle und der "Kugelsteine" beschäftigt und dadurch wesentliche Erkenntnisse gewonnen, die nunmehr in seinem Buch veröffentlicht sind.



Fenster und "Pfeiler"



1635 reparierte Merth (Markus) Schurl, Bürger und Glaserer zu Hall die Fenster der St. Nikolai-Kirche. 30 Jahre später gibt es die nächste diesbezügliche Erwähnung. Und zuletzt findet sich noch 1776 eine Reparatur durch den Glaserer von Steinbach.

Wie die Fenster ausgesehen haben, hängt vom Baustil ab, romanisch oder gotisch in einfachen Formen. Die Gläser waren sicher in der damals gebräuchlichen Form gearbeitet, die wir "Butzenscheiben" nennen. Außen hatten die Fenster Netze vor, wie 1635 schon berichtet wird, als zwei davon repariert wurden.

Nun noch zu Gebäudeteilen an der Außenseite, den sogenannten "Pfeilern". Der Begriff lässt an Strebepfeiler einer gotischen Kirche denken. Da die St. Nikolai-Kirche aber eine Flachdecke besaß, wären solcherart Pfeiler sinnlos gewesen, gab es ja keinen Gewölbedruck, den sie hätten ausgleichen müssen. Welche Auskunft geben die Quellen?

1657 sind sie, also mehrere, von einem Zimmermeister (!) "gedeckt und größer gemacht worden". Diese Arbeit verschlang die Summe von 2 Gulden und 4 Schilling. Nur 1781 hat dann noch ein Maurer bei St. Nikolai die Kirchenpfeiler "ausgemaucht", zwei Taglöhner halfen dabei.

Eine mögliche Erklärung für die Existenz dieser Pfeiler ist wohl, dass sie irgendwann zur Festigung des ja doch uralten Mauerwerkes angebracht worden sind. Das Kirchengebäude stand auf einem abfallenden Geländesockel.



Die Inneneinrichtung der Kirche



Der älteste christliche Kultgegenstand an diesem Ort ist sicher eine Nikolausstatue gewesen. Ob es immer noch jene war, die schließlich nach Abbruch der Kirche in der Brünndlkapelle landete, lässt sich nicht sagen, ist aber sehr wahrscheinlich.

Wie bei den Ablassbriefen und Weiheurkunden schon erwähnt, besaß die Kirche seit 1457 einen neuen Hochaltar (Hl. Maria), einen Altar zu Ehren der Heiligen Michael, Martin und Oswald und eben den Nikolausaltar mit dem Heilstein, wenn er sich denn im Inneren der Kirche befand. So blieb es wohl bis 1681. Die Altäre waren, dem Zeitgeschmack entsprechend, im gotischen Stil gehalten, die mit gemalten Tafelbildern versehen gewesen sein mögen.

Ob die 1658 erwähnten 124(!) Lärchenladen für eine Holzdecke verwendet worden waren, lässt sich nicht beweisen, ist aber wahrscheinlich. Doch dazu noch später!

Früher gab es eine Gepflogenheit. Bekam die Pfarrkirche eine neue Einrichtung, übertrug man die alte in die Filialkirchen und hat sie den dortigen Platzverhältnissen entsprechend "zurechtgestutzt". Dies geschah auch 1668, als die alte Kanzel von Waldneukirchen in die St. Nikolai-Kirche übertragen wurde. Ein "alter Tischler" und ein Maurer übernahmen diese Arbeit. Der Schmied brachte "etliche Klampfen und lange Nägl zu ermelter Kanzel".

Pfarrer Urban Kyer verschaffte der Kirche bei der von ihm durchgeführten Generalrenovierung 1681 einen neuen Hochaltar und neue Kirchenstühle.

Holzdecke mit Originalmotiv
Holzdecke mit Originalmotiv
Auch eine neue Holzdecke mit Bemalung erhielt die Kirche bei dieser Gelegenheit. Ein Brett davon überlebte im Mesnerhaus der Kirche als Dachladen. Auch die Bemalung ist noch zu sehen. Die Schmuckmotive dieser Holzdecke sind heute an der Decke der Nikolauskapelle zu sehen. Es gibt in unserer Gegend nur ganz wenige Kirchen mit einer Holzdecke, zum Beispiel die Kirche St. Nikolaus in Traxlberg bei Steinhaus.

1706 übertrug man die alte Orgel von Waldneukirchen nach St. Nikolai. Dieses Instrument ist 1666 vom berühmten Passauer Orgelbauer Putz erneuert worden, war damals also schon ein altes Werk. 20 Jahre zuvor war sie zum letzten Mal repariert worden. Möglicherweise stammte sie noch aus vorreformatorischer Zeit. Es wird sicher ein kleines Instrument gewesen sein, welches da ins Ausgedinge nach St. Nikolai verbracht worden ist. Wie lange sie noch Dienst tat, ist unbekannt, wahrscheinlich bis zum Ende. Die Waldneukirchner freuten sich 1706 über eine neue Orgel und feierten den neuen Kaiser Joseph I. mit Messe und Te Deum. Ob die alte Orgel in St. Nikolai auf einer Empore stand, lässt sich nicht sagen. Eine Erwähnung darüber findet sich nicht.



Die Kirchenstühle



Im Bericht über die Renovierung 1681 ist von "neuen" Kirchenstühlen die Rede. Diese Bezeichnung lässt daran denken, dass es auch schon vorher Bänke gegeben haben könnte, etwa entlang der Wände. Kirchenstühle sind für die Kirchenrechnung offensichtlich erst dann interessant geworden, als damit Ausgaben oder gar Einnahmen verbunden waren.

So findet sich 1705 eine kleine Auflistung von Kirchensitzmietern in St. Nikolai, die hier wiedergegeben werden soll:
Ramoser 2 Stühle, ander Ramoser 1 Stuhl, Mayr zu Rammersdorf 2 Stühle, Renolt 1 Stuhl, Putzard Söldner 1 Stuhl, Schöppl 1 Stuhl, Schäffinger 1 Stuhl, Stainhauer 1 Stuhl, des Jägers Sohn im Sattel 1 Stuhl, Gruber in Pirzl 1 Stuhl, Hannseder 1 Stuhl.
1706 weiters: Kornfaill 1 Stuhl, Hartmayr Juglriesen 1 Stuhl, Oberleuthner 1 Stuhl, Bertholmhuber 1 Stuhl
1707 weiters: Reindl 1 Stuhl, Pimbsner 1 Mannsstuhl (!), Geyritter 1 Stuhl
1709 weiters: Gebeshueber 1 Stuhl
1710 weiters: Pömberg 1 Stuhl, Georgenberger 3 Stühle

In der Folgezeit sind die "Neumieter" nicht mehr extra angegeben, lediglich die Einkünfte finden sich weiter. Wieviele Sitzplätze es in der Kirche gab, ist ungewiss.
Die Trennung in "Mander- und Weiberseitn" dürfte aber damals gebräuchlich gewesen sein. 1770 sind die Stühle noch einmal repariert worden.



Das religiöse Leben an der St.Nikolai-Kirche



Der mittelalterliche Mensch war ganz eingebettet in den Lauf des Kirchenjahres. Es war dies jene Ordnung, die zusammen mit dem natürlichen Jahreslauf in den Jahreszeiten sein Leben und Arbeiten bestimmte. Da es Urlaub im heutigen Sinn nicht gab, wurden alle Feiertage genau eingehalten, ganz abgesehen von der großen und ganz handgreiflichen Frömmigkeit der Menschen.

Die mittelalterliche Ablasspraxis führte dazu, dass die Gläubigen abgesehen vom Sonntagsgottesdienst besonders an jenen Tagen die Kirchen aufsuchten, an denen dort ein Ablass zu gewinnen war. Die Lehre der Kirche ging damals davon aus, dass neben der Beichte, durch welche die Sünden an sich vergeben wurden, auch noch der Ablass vonnöten sei, um die aus den Sünden zu erwartenden Strafen (=Fegefeueraufenthalt) so weit wie möglich zu tilgen.

Rekonstruktion der Ablasstage bei der St.Nikolauskirche (allerdings erst nach dem Tridentinischen Kalender) (29)
  • Mariä Lichtmess (2. Februar)
  • Hl. Matthias (24. Februar)
  • Mariä Verkündigung (25. März)
  • Hl. Markus (25. April)
  • Hll. Philipp und Jakob (1. Mai)
  • Hll. Petrus und Paulus (29. Juni)
  • Mariä Heimsuchung (2. Juli)
  • Hl. Jakobus (25. Juli)
  • Maria Schnee (5. August)
  • Hl. Oswald (5. August)
  • Mariä Himmelfahrt (15. August)
  • Hl. Bartholomäus (24. August)
  • Hl. Augustinus (28. August)
  • Hl. Gregor (3. September)
  • Mariä Geburt (8. September)
  • Hl. Matthäus (21. September)
  • Hl. Michael (29. September)
  • Hl. Hieronymus (30. September)
  • Hl. Lukas (18. Oktober)
  • Hll. Simon und Judas (28. Oktober)
  • Hl. Martin (11. November)
  • Mariä Opferung (21. November)
  • Hl. Andreas (30. November)
  • Hl. Nikolaus (6. Dezember)
  • Hl. Ambrosius (7. Dezember)
  • Mariä Empfängnis (8. Dezember)
  • Hl. Thomas (21. Dezember)
  • Hl. Johannes Evangelist (27. Dezember).
Diese Aufzählung kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben!

(29) Konzil von Trient 1545-63



Wallfahrts-, Prozessionsweg von Waldneukirchen nach St. Nikolai



Mit einiger Sicherheit lässt sich der Weg rekonstruieren, der früher von der Pfarrkirche zur Filiale benutzt wurde. Manche Teilstrecke dient heute dem Autoverkehr, ein Stück ist nur mehr in der Geländeform wahrnehmbar.

Abgang ins Pyhret
Abgang ins Pyhret
Das Josephinische Lagebuch spricht bei der Grenzziehung der Katastralgemeinde St. Nikola von der "Todtenstraße", die an die Katastralgemeinde Wagenhub angrenzte. Demnach und nur demnach musste es sich um die heutige Hallerwaldstraße handeln, auch wenn die Bezeichnung "Totenweg" auch für andere Strecken gebräuchlich war.

Der eigentliche Wallfahrtsweg nach St. Nikola verlief aber meist eben auf halber Höhe des Waldrückens zwischen Waldneukirchen und der St. Nikolai-Kirche dahin.

Ausgehend vom Ort erreichten die Pilger den Weiler Emsenhub, streiften den Phyretwald, erreichten auf geradem Weg das Pomayrgut und überquerten beim Pomayr-Kreuz den Stockachbach, um nach wenigen Minuten bei der Kirche von St. Nikolai anzukommen. Um sich den Abstieg in das Phyret zu ersparen gab es noch die Möglichkeit, von Emsenhub aus einem Weg durch den "Stocker-Wald" zu folgen, der heute weithin als Forststraße ausgebaut ist. 300 Meter vor der Kirche treffen sich beide Wegvarianten. Der Vorteil dieser Wege ist noch heute ganz augenscheinlich. Es sind keinerlei steile Berge zu überwinden, was das Gehen, es dauerte etwa 1 ½ Stunden, und auch das Beten erleichterte. Ein Stück des Weges wurde vor einigen Jahren von der Gemeinde Adlwang dankenswerterweise als Wanderweg markiert und bleibt auf diese Weise erhalten. Ein anderes Stück existiert nur mehr in der Erinnerung der älteren Leute, es ist dem Pflug zum Opfer gefallen. Trotzdem lässt sich der alte Prozessionsweg auch heute noch mühelos begehen, wenn auch mit einem kleinen Umweg aus dem erwähnten Grund. 90% des Weges sind noch erhalten. (siehe Bild: Abgang ins Pyhret)


Wallfahrtswege
Wallfahrtsweg in zwei Varianten (Quelle: Franziszeische Landesaufnahme 1809-1818)

Wann gingen die Gläubigen nun auf diesem Weg zur Nikolai-Kirche?
Schriftliche Zeugnisse über Prozessionen haben wir erst seit Beginn der Kirchenrechnungen in Waldneukirchen im Jahr 1624, als sich das katholische Leben nach Reformation und Bauernkrieg wieder entfaltete. Dass es aber auch in früherer Zeit Prozessionen gegeben hat, darf angenommen werden. Gelegentlich findet sich bei einer Aufzeichnung über eine Prozession die Anmerkung "von alters her", was wohl in die Zeit vor der Reformation weist.

Der wichtigste Termin war alljährlich der Philipp-und-Jakob-Tag, früher der 1. Mai. Da ging man "von alters her" mit "Singern und Fahntragern" nach St. Nikolai, wo man Messe hielt und dann nach Adlwang zum Rosenkranz und sicher auch zum Wirt, da es bei St. Nikolai ja keinen gab. Vier Vorbeter waren dazu notwendig! Wieviele Menschen werden an dieser Prozession teilgenommen haben! Die heutige Maiprozession der Waldneukirchner, zwar nur nach Adlwang, gibt es also schon jahrhundertelang.

Die zweite Prozession war die Markusprozession am 25. April jeden Jahres. Eine weitere gab es noch im Mai, entsprechend den heutigen Bittprozessionen, immer in der Art wie am 1. Mai.

Manchmal sprach man nicht von einer Prozession, sondern von "mit dem Kreuz gehen". Da war wohl noch mehr das Bittgebet im Vordergrund, wie es in der Allerheiligen-Litanei heißt: "vor Krieg und Pestilenz..."


Gottesdienste in der St. Nikolai-Kirche



Der Pfarrer von Waldneukirchen hielt traditionsgemäß vier Gottesdienste und erhielt dafür ein Deputat von 8 Gulden. Der Terminkalender eines Pfarrers aus den Jahren 1759-1761 zeigt uns, dass er die vier Gottesdienste eher gegen Jahresende gehalten hat, die letzte Messe immer am 31. Dezember, "pro divinis Sacrificiis". Sollte ihm diese Verpflichtung eine Last gewesen sein? Die übrigen Messen wie auch die Prozessionen hielt der Kooperator.

Die Anzahl der jährlichen Messen hing von den Stiftungen ab. Im erwähnten Terminkalender sind pro Jahr etwa 15 Messen erwähnt. Die meisten wurden "per Todtfall" gestiftet, also Seelenmessen für Verstorbene wie auch heute noch üblich. Gelegentlich vermachte jemand eine Summe Geldes samt einer Heiligen Messe im Falle des eigenen Todes an die St. Nikolai-Kirche. Hier einige Beispiele:
  • Von der Bergmayrin in Riedterpfarr zu Todtfall zum Gottshaus St. Nicolay 1 Reichstaler
  • Auf Absterben Elisabeth Riedlpergerin zum Gottshaus St. Nicolay 6 Schilling
  • Auf Absterben der Stögermayrin 1 Reichstaler
  • Nitweniger von der Schmirglin per Todtfall 6 Schilling
  • Von der Messerhaiderin per Todtfall 1 Reichstaler und 2 Schilling
  • Von der Jungwirtin 6 Schilling
Überdies gab mancher bei der Hofübergabe eine Spende an die St. Nikolai-Kirche:
1673: Zu St. Nicolay ist bei des Stögermaiers .. Abteilung aufgehebt worden 1 Reichstaler und 4 Schilling
1673: Zugleichen bei der käuflichen Übergab des Oberhametnergehöftes alldahin aufgehebt 6 Schilling

Ganz allgemein gesehen waren sehr häufige Messtermine der 25. Juli (St. Jakob), der 11. November (St. Martin, Altar!), ferner sinnigerweise während des ganzen Advents, einmal extra als Rorate erwähnt.

Die Einschränkung und schließlich das Verbot der Wallfahrten und Prozessionen unter Strafandrohung durch Kaiser Joseph II. ließ sicher auch die Besucherzahl bei der St. Nikolai-Kirche sinken. Gottesdienste wurden aber weiterhin gehalten.



Die Schließung der St. Nikolai-Kirche



Verordnung 1784
Verordnung 1784
Kaiser Joseph II. ließ bald nach seinem alleinigen Regierungsantritt 1780 ein Verzeichnis aller Kirchen anlegen, die als entbehrlich eingestuft werden konnten. Dazu zählten viele Filialkirchen.

Gleichzeitig ließ er erheben, welche dieser Kirchen als neue Pfarrkirchen genutzt werden könnten. Da nun niemand weiter als eine Stunde zur eigenen Pfarrkirche haben sollte, wurden ganze Ortschaften "umgepfarrt". Alle diese Fakten führten schließlich auch bei der St. Nikolai-Kirche zur Schließung und letztendlich zur Abtragung des Gebäudes. Die neue Pfarre Adlwang hatte durch die josephinischen Gesetze über das Verbot der Wallfahrt selbst schwere Einbußen hinnehmen müssen und war alleine deswegen schon am Fortbestand der St. Nikolai-Kirche nicht interessiert! Alle diese Vorgänge waren also gesetzlich geregelt.

1784 wurde Adlwang, bisher eine Filiale von Pfarrkirchen, zur eigenen Pfarrei erhoben. Die Pfarre Waldneukirchen musste neben der gesamten Ortschaft Emsenhub auch das Gebiet zwischen Stockachbach und Bergwieserbach, beide in den Sulzbach mündend, an die neue Pfarre Adlwang abtreten (30). Die Pfarre Waldneukirchen behielt aber vorderhand noch die Oberhoheit über die St. Nikolai-Kirche, solange sie noch bestand.

1785 war es dann soweit. Vor der Sperrung der Kirche hielt der Pfarrer von Waldneukirchen noch fünf Gottesdienste. Anschließend wurde das Gebäude vom zuständigen Dechant in Anwesenheit des Ortspfarrers und eines herrschaftlichen Vertreters profanisiert (=entweiht). Siebenmal schickte man Boten nach Waldneukirchen und Linz, wohl um alle Dinge rechtmäßig vonstatten gehen zu lassen.

Die Paramente (Kirchengewänder) und andere "Kircheneffekten" mussten auf Kosten der Pfarre Waldneukirchen nach Linz transportiert werden, was der Rohrmoser mit seinem Fuhrwerk übernahm. Dort kamen alle Gegenstände in das "Kirchendepositum" zur weiteren Verwendung. Bisher war es nicht möglich, über den Verbleib dieser Kirchengeräte etwas in Erfahrung zu bringen. Die gerade erst errichtete Diözese Linz war mit all diesen Angelegenheiten restlos überfordert. Das vorhandene Vermögen der St. Nikolai-Kirche verfiel dem Religionsfond, aus dessen Mittel neue Pfarren eingerichtet wurden.

Kumpfmüller Mühle
Kumpfmüller Mühle mit Steinen der St. Nikolai-Kirche
Nun stand die St. Nikolai-Kirche also öde und beraubt allen Schmuckes da. Mit welchem Schaudern werden die Menschen der Gegend diesem Treiben machtlos zugesehen haben. Andererseits war die Pfarre Adlwang eine Sorge los. Der alte Kultstein allerdings verblieb, wie bereits erwähnt, am heiligen Ort.

1792 ging es nun an die Abtragung des Kirchengebäudes (31). Pillwein schreibt 1828 (32), dass "die Materiale an den Maistbietenden verkauft worden seien". Hinweise auf den Verbleib des Baumaterials gibt es durchaus.

1796 errichtete der Kumpfmüller in Adlwang seine Mühle mit den letzten Überresten der St. Nikolai-Kirche.

Auch bei Renovierungen von alten Bauernhöfen der Gegend sollen "Kirchenbausteine" von St. Nikola zum Vorschein kommen. Manchmal gibt es dafür auch mündliche Überlieferungen.

Das Grundstück, auf dem sich die Kirche befand, wurde dem Wimmergut zu Nikola zugeschlagen, in dessen Besitz es sich bis heute befindet.

Vom ganzen Ensemble blieb bis heute nur die St. Nikola-Klause bestehen. Die Brünndlkapelle existierte noch bis 1948. Baufällig schon gewesen, infolge eines Arbeitsunfalles mit einem Fuhrwerk schließlich einsturzgefährdet, wurde sie abgetragen.

(30) Josephinisches Lagebuch 1788: St. Nikola Nr 45-60; dann Franziszeischer Kataster 1826 : Emsenhub 1-17 (incl. 2 neue "Häusel")
(31) Pösinger, Bernhard: Die Stiftungsurkunde des Klosters Kremsmünster. In: 59. Programm des Stiftsgymnasiums Kremsmünster 1909, S.66
(32) Pillwein, Benedikt: Geschichte, Geographie und Statistik des Erzherzogtums Österreich ob der Enns und des Herzogtums Salzburg, 2. Teil, Linz 1828, S.350




Die St. Nikolai-Klause, Singerschneidersölde, Möslingerhäusl



Mesnerhaus
Mesnerhaus
Diese Namen geben in Kurzform das Schicksal dieses Gebäudes wieder. In frühester Zeit bewohnte ein Klausner oder Einsiedler dieses Haus und betreute die Kirche. Er war Untertan des Pfarrhofes Waldneukirchen und hatte dorthin Abgaben zu leisten, die ihm aber immer geschenkt worden waren wegen der in der Kirche von St. Nikolai verrichteten Mesnerdienste. Als Entlohnung bekam er 2 Gulden pro Jahr, die der Gangl im Aign als Abgabe für den Mitterstocken zu geben hatte.

Einige Erwähnungen in den Kirchenrechnungsbüchern von Waldneukirchen:
  • 1665: dem Mesner, welcher dem Maurer "zugraicht" 1 Schilling und 10 Pfennig
  • 1670: dem Mesner bei St. Nikolai um Dargebung Holz und Laden zu dem Überzimmer samt dem Tagwerker 3 Reichstaler und 4 Schilling
  • 1672: Dem Mesner bei St. Nikolai um Holz und so er bei den Pauern gearbeitet hat 1 Reichstaler
  • Im privaten Ausgabenbuch des Pfarrers heißt es 1760, er habe dem Einsiedler zu St. Nikolai zwirnerne Handschuhe in Sierning gekauft.

Seelenregister von Adlwang
aus dem Seelenregister von Adlwang, das den Besitzer des ehemaligen Mesnerhäusls anführt
Nach der Sperrung der Kirche verkaufte der Einsiedler, sein Name ist noch zu eruieren wie überhaupt auch seine Vorgänger, also derselbe verkaufte die Klause dem Johann Georg Singer, Schneider von Beruf, im Jahr 1788. Auch dieser verwendete Abbruchmaterial der Kirche zur Erweiterung seines Hauses. Er musste nun das Zehentgeld für sein Haus an den Pfarrhof Waldneukirchen abliefern. Soweit überschlagsmäßig einige Daten zur St. Nikolai-Klause.

Gerade die letzte Phase der St. Nikolai-Kirche bedarf noch einer genaueren Durchleuchtung.

Erst im Jänner 2002 kam der Hinweis auf einen Augenzeugenbericht über den Abbruch der St. Nikolai-Kirche, der sich im Stift Kremsmünster befindet. Der Augenzeuge war P. Gabriel Strasser. Ebenso ist der Verbleib der Kirchensachen noch manche Arbeit wert.




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